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Wichtige Empfehlungen für die tracheoösophageale Punktion – Interview mit Dr. Miguel Mayo‑Yáñez

Wichtige Empfehlungen für die tracheoösophageale Punktion – Interview mit Dr. Miguel Mayo‑Yáñez

Für Fachpersonal
8. Juli 2025
woman with doctor atos medical

Eine frühzeitige Wiederherstellung der Stimmfunktion kann nach einer Laryngektomie einen echten Unterschied machen. Dr. Miguel Mayo-Yáñez teilt Erkenntnisse aus einem neuen Review zur primäre TEP und hebt ihre Rolle bei der Verbesserung der Genesung, der Kommunikation und der allgemeinen Lebensqualität der Patienten hervor. 

Die Fähigkeit, nur wenige Wochen nach einer Laryngektomie wieder sprechen zu können, kann für die Genesung eines Patienten einen entscheidenden Unterschied machen – emotional, sozial und auch aus klinischer Sicht. Eine neue systematische Übersichtsarbeit unter der Leitung von Dr. Miguel Mayo-Yáñez hebt die Vorteile der primären tracheoösophagealen Punktion (TEP) hervor und bietet evidenzbasierte Empfehlungen, um die chirurgische Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Wir haben mit Dr. Mayo-Yáñez über die wichtigsten Erkenntnisse gesprochen, darunter, wann die primäre TEP vorzuziehen ist, welche Faktoren den Erfolg beeinflussen und warum dringend klarere Standards für die Dokumentation benötigt werden.

Dr. Miguel Mayo Yáñez

Dr. Miguel Mayo-Yáñez, MD, PhD, ist Hals-Nasen-Ohren-Arzt und Kopf-Hals-Chirurg am Universitätsklinikum Coruña sowie Abteilungsleiter am Hospital San Rafael in Spanien. Er ist spezialisiert auf die onkologische Kopf-Hals-Chirurgie, endokrine Chirurgie und Rhinologie. Seine Promotion behandelte die Rehabilitation laryngektomierter Patienten mit dem Ziel, deren Lebensqualität zu verbessern. Dr. Mayo ist Autor von über 100 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und arbeitet mit den Universitäten in Coruña und Santiago de Compostela zusammen, um zur medizinischen Ausbildung und Forschung beizutragen.

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Was hat Sie dazu motiviert, in diesem Bereich der Laryngektomie zu forschen

Die Laryngektomie ist ein einschneidender Eingriff und als HNO-Chirurg hat mich die persönliche und funktionelle Auswirkung auf die Patienten immer sehr bewegt – insbesondere die Herausforderung der Stimmrehabilitation. Meine Motivation war der Wunsch, besser zu verstehen, was wir gut machen, was wir ohne solide Evidenz annehmen und wo wir uns verbessern müssen. Die Forschung auf diesem Gebiet fühlte sich wie eine Verantwortung gegenüber meinen Patienten an, besonders jenen, für welche die Kommunikation nach der Krebsbehandlung die größte Hürde darstellt. 

Auf der Grundlage Ihrer 2024 durchgeführten Überprüfung von 91 Artikeln zur primären vs. sekundären tracheoösophagealen Punktion, welche Empfehlung könnte die klinische Entscheidungsfindung am meisten beeinflussen?

Die Ergebnisse untermauern den positiven Nutzen der primären TPE bei geeigneten Patienten. Die Übersichtsarbeit bestätigt, dass sie ein sicheres, schnelles und unkompliziertes Verfahren ist, besonders wenn sie von erfahrenen Chirurgen in einem multidisziplinären Team durchgeführt wird. 
Die Rolle der logopädischen Therapie wird ebenfalls betont – der Erfolg hängt nicht nur von der Operationstechnik, sondern auch von der engen Zusammenarbeit mit den Logopäden vor und nach der Operation ab. Ist eine primäre TPE nicht möglich, erweist sich aber auch die sekundäre TPE als zuverlässige und effektive Option.1

Was hat Sie bei der Durchführung dieser systematischen Übersichtsarbeit hinsichtlich der verfügbaren Evidenz am meisten überrascht? 

Am meisten überrascht hat mich die Heterogenität bei Definitionen und Dokumentation der Ergebnisse, selbst in hochqualitativen Studien. Begriffe wie „erfolgreiche Stimmrehabilitation“, „TEP-bezogene Komplikationen“ oder sogar „pharyngokutane Fistel“ wurden nicht einheitlich definiert. Das erschwert Vergleiche und zeigt den dringenden Bedarf an standardisierten Definitionen in zukünftigen Studien. Außerdem habe ich mich positiv über die Anzahl aussagekräftiger retrospektiver Kohortenstudien gewundert, die es ermöglichten, trotz Fehlen randomisierter kontrollierter Studien sinnvolle Schlussfolgerungen zu ziehen. 

Was waren die überzeugendsten Ergebnisse in Bezug auf die Patienten, und wie unterscheiden sie sich im Vergleich zur sekundären TEP? 

Patienten mit primärer TEP sind erlangen deutlich früher in der Lage verbal zu kommunizieren, was sich stark auf die psychosoziale Anpassung und die Lebensqualität auswirkt. Viele Studien berichteten Erfolgsraten der Stimmrehabilitation von über 85 % in beiden Gruppen, also sowohl bei primärer als auch sekundärer TEP. 
Entscheidend ist: Die Übersichtsarbeit fand keinen signifikanten Unterschied bei den Komplikationsraten zwischen primärer und sekundärer TEP, sofern die Patientenauswahl und die Planung der Operation stimmen. Der zentrale Vorteil der primären TEP liegt im Zeitpunkt: Patienten können Wochen oder sogar Monate früher sprechen – was emotional einen großen Unterschied machen kann. Dennoch sind beide Wege valide und die besten Ergebnisse werden durch individuell angepasste Therapieentscheidungen erzielt. 1 

Welche weiteren Forschungsarbeiten würden Sie sich wünschen, um die Empfehlungen in diesem Bericht zu stärken oder zu erweitern?

Ich würde mir mehr prospektive, multizentrische Studien wünschen, die standardisierte Definitionen und einen Langzeit-Follow-up der Stimmergebnisse einschließen. Darüber hinaus brauchen wir eine bessere Integration patientenberichteter Outcome-Maße (PROMs) und Lebensqualitätsbewertungen, um das einzufangen, was den Patienten wirklich wichtig ist. Schließlich könnten Untersuchungen zu unterschiedlichen Operationstechniken, Rekonstruktionsmethoden und perioperativen Protokollen den Erfolg der TEP noch besser einschätzen helfen. 

Möchten Sie mehr erfahren?

Lesen Sie mehr über die Stimmrehabilitation nach Laryngektomie oder laden Sie direkt die klinische Zusammenfassung der Publikation Evidence-Based Recommendations in Primary Tracheoesophageal Puncture for Voice Prosthesis Rehabilitation, von Mayo-Yáñez et al.

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Referenzen

1. Mayo-Yáñez M, Klein-Rodríguez A, López-Eiroa A, Cabo-Varela I, Rivera-Rivera R, Parente-Arias P. Evidence-Based Recommendations in Primary Tracheoesophageal Puncture for Voice Prosthesis Rehabilitation. Gesundheitswesen (Basel). 2024;12(6)